Potsdam – Es ist nie zu spät. Auch im Erwachsenenalter können Interessierte noch einmal die Schulbank drücken und das Abitur erwerben. Damit verbessern sie nicht nur ihre beruflichen Möglichkeiten.

«Sich hinzusetzen und auf einen höheren Schulabschluss hinzuarbeiten, kann allgemein einen Perspektivwechsel mit sich bringen und zur Persönlichkeitsentfaltung beitragen», sagt Angela Hoffmann. Die Schulleiterin der Kleist-Schule Potsdam ist Vorsitzende des Bundesrings der Abendgymnasien Deutschlands.

Abendgymnasium oder Kolleg

Wer das Abi nachträglich erwerben möchte, muss vor allem eins: Zeit investieren. Und: Motivation und Selbstdisziplin sind unerlässlich. Einer der anstrengendsten Wege zum Abitur und damit zur Allgemeinen Hochschulreife ist der über das
Abendgymnasium. Tagsüber gehen die Schüler ihrem Beruf nach und für drei Jahre abends zur Schule.

20 Stunden pro Woche sieht der Stundenplan vor. Das heißt, von Montag bis Freitag im Durchschnitt vier Stunden Unterricht pro Tag. «Danach und auch am Wochenende stehen noch Hausaufgaben und die Vorbereitung auf Klausuren an», erklärt Andrea Schwermer vom Sekretariat der Kultusministerkonferenz in Berlin.

Neben dem Abendgymnasium gibt es für Erwachsene die Option, an einem
Kolleg fürs Abitur zu büffeln. «Der Unterricht erfolgt drei Jahre lang tagsüber, die Wochenstundenzahl liegt bei etwa 30», erläutert Dagmar Steinert von der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg.

Fernlerninstut, Volkshochschule oder Berufsoberschule

Das Abitur kann auch ortsunabhängig über ein
Fernlerninstitut nachträglich erworben werden. Der jeweilige Anbieter schickt dann die Lerninhalte beispielsweise per Mail, Video oder per Post zu. An einigen – aber nicht an allen – Volkshochschulen (VHS) gibt es ebenfalls die Option, sich auf die Abiturprüfung vorzubereiten. Entsprechende Kurse finden abends oder am Wochenende statt. Die Abi-Prüfung an sich wird aber in aller Regel nicht an der VHS oder am Fernlerninstitut selbst, sondern vor externen Prüfern abgelegt.

Nicht zuletzt gibt es die Berufsoberschule (BOS). Darauf weist Schwermer hin. Sie baut in einigen Bundesländern auf die Mittlere Reife oder die Fachhochschulreife und eine abgeschlossene Berufsausbildung auf und führt zur Fachhochschulreife oder zur Allgemeinen Hochschulreife. Die Ausbildung dauert ein bis zwei Jahre.

Voraussetzungen und Vorüberlegungen

Wer ein Abendgymnasium oder ein Kolleg besuchen will, muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen. «In aller Regel wird ein Mindestalter von 19 Jahren vorausgesetzt», sagt Hoffmann. Außerdem müssen Bewerber die Mittlere Reife und eine abgeschlossene Ausbildung oder eine zwei- bis dreijährige Berufstätigkeit nachweisen.

Egal, welcher Weg infrage kommt: In jedem Fall sollten Interessenten im Vorfeld ihre Ressourcen und ihr Durchhaltevermögen realistisch einschätzen. Sonst sind Scheitern und damit Frust vorprogrammiert. Freizeit und Erholung stehen über einen längeren Zeitraum weit hinten auf der Prioritätenliste. «Vor allem, wenn man ein Abendgymnasium besucht, muss man eigene Methoden und Arbeitstechniken entwickeln, um Beruf, Schule und Privatleben unter einen Hut zu bekommen», erklärt Hoffmann.

Über die Kosten-Frage sollten sich Interessenten im Vorfeld gut informieren. «Der Unterricht an Abendgymnasien, Kollegs und Berufsoberschulen in öffentlicher Trägerschaft ist gebührenfrei», sagt Steinert. Bei privaten Schulen und Fernlerninstituten fallen je nach Anbieter unterschiedlich hohe Kosten an. Unter bestimmten Voraussetzungen kann es Bafög geben, auch ein Schülerstipendium ist eine Option. Der Plan, das Abitur nachzuholen, muss nicht an den Kosten scheitern.

Fotocredits: Christin Klose
(dpa/tmn)

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