Abu Dhabi – Wöchentliches Training, dazu das Biegen, Verpressen und Löten von Kupferrohren nach Feierabend und nicht zu vergessen: Keine Partys, kein Alkohol.

Der Sachse
Lukas Heyn hat sich wie ein Spitzensportler auf die Weltmeisterschaft der Berufe vorbereitet. Von diesem Sonntag an (15. Oktober) muss der Anlagenmechaniker alles Gelernte möglichst fehlerfrei umsetzen, um sein Ziel bei den
44. World Skills in Abu Dhabi zu erreichen: Gold. «Wir wollen den Titel», sagen der 21-Jährige und sein Trainer André Schnabel unisono.

Es wäre die erste Titelverteidigung für das Sanitär-, Heizungs- und Klimahandwerk (SHK) in 65 Jahren World Skills-Geschichte. Vor zwei Jahren stürmte Nathanael Liebergeld aus Aue im brasilianischen São Paulo ganz hoch auf’s Treppchen. Es müsse an der Region liegen, scherzt der erfahrene Trainer wenige Tage vor dem Abflug in Richtung Vereinigte Arabische Emirate. Denn Heyn lebt in Hartenstein, nur elf Kilometer entfernt von Aue.

Bei der Berufe-WM kämpfen in diesem Jahr rund 1300 Auszubildende, Studenten und junge Fachkräfte aus 77 Nationen in 51 Disziplinen um die Titel. Für Deutschland treten 42 Frauen und Männer in 38 Wettbewerben an. Der Jüngste ist 17 Jahre alt, stammt aus Berlin und will im Bereich IT-Softwarelösungen überzeugen.

Besonders in Asien genießen die World Skills einen ausgezeichneten Ruf, weiß Schnabel, der den Wettbewerb 2013 am Austragungsort Leipzig mitorganisierte. «Die bereiten sich zum Teil ein ganzes Jahr lang vor, in Vollzeit.» Da nehmen sich im Vergleich die drei Monate, die Lukas Heyn alles in allem trainiert hat, fast bescheiden aus.

Doch seitdem er im Herbst 2016 erst den Landes- und dann im Februar 2017 den Bundesausscheid gewann, dreht sich im Leben des Handwerkers alles nur noch um Abu Dhabi. «Mich hat das World Skills-Feeling gepackt.» Das Muffensausen hingegen halte sich noch in Grenzen, auch wenn der Druck groß sei, meint das Nachwuchstalent und macht dabei einen ziemlich entspannten Eindruck.

Neben mehreren internationalen Trainingscamps, Mentalcoaching und einem Wettbewerb im chinesischen Shanghai, bei dem er souverän auf dem ersten Platz landete, bereitete sich der einzige sächsische Teilnehmer im SHK-Bundesleistungszentrum Schweinfurt sowie im Bildungs- und Technologiezentrum der Chemnitzer Handwerkskammer vor. Zuletzt habe er als Abschlusstraining noch einmal nonstop alle Wettkampfaufgaben durchgezogen – drei Mal hintereinander.

«Dabei sind etwa 30 Prozent des Programms unbekannt», erläutert Heyn. An einer Wand in L-Form müsse er an vier Tagen verschiedene Gas- und Heizungsinstallationen montieren, außerdem Wasserleitungen und eine Solaranlage. Das bedeute insgesamt 24 Stunden reine Arbeitszeit. Da sei neben Präzision und Schnelligkeit vor allem Kondition gefragt, meint der Trainer. «Das geht mit der Mittagspause los – den Bauch vollschlagen werde ich mir nicht», grinst Heyn. Stattdessen werde er auf seinen Trainer hören: Getrocknete Bananenscheiben für den schnellen Energieschub essen und mindestens zwei Liter am Tag trinken.

Sein «Sohn auf Zeit» müsse seine Leistung auf den Punkt abrufen können, um eine Chance zu haben, betont der Bundestrainer, der zudem als selbstständiger Installateur in Leipzig tätig ist. «Zehn bis zwölf Nationen haben im SHK-Handwerk einen berechtigten Anspruch auf Platz 1», sagt der Experte. Doch er habe Lukas bereits beim Landesausscheid als Talent erspäht und sei sich sicher, dass er in Abu Dhabi über sich hinauswachsen werde.

Während die beiden seit dem 11. Oktober zusammen mit dem rund 100-köpfischen
«Team Germany» vor Ort sind, drücken Familie und Freunde zuhause die Daumen. «Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ist die Berufe-WM eine schöne Werbung für’s Handwerk, die etwas in den Köpfen bewegt», ist Vater Jens Heyn überzeugt. Zusammen mit seinem Bruder führt er den kleinen Familienbetrieb, den Lukas eines Tages in fünfter Generation übernehmen soll.

Vor allem den Unternehmen gebühre Respekt, meint Handwerkskammer-Präsident Frank Wagner. «Denn die bezahlte Freistellung von der Arbeit trägt am Ende der Betrieb.» Hinzukommen die nicht geringen Materialkosten. In diesem Fall treffe es sich ganz gut, dass Lukas eigentlich seinen Meister habe machen wollen und er ohnehin nur bedingt mit ihm gerechnet habe, so der Vater. Und nach der Goldmedaille als Aushängeschild will Lukas sich den Meisterbrief sichern.

Fotocredits: Claudia Drescher
(dpa)

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