Kiel – Feuerwehrmann, Profi-Fußballer, Astronaut – für kleine Kinder ist die Frage «Was will ich werden?» oft ganz leicht zu beantworten. Wenn es Jahre später tatsächlich an die Berufswahl geht, fällt die Entscheidung schwerer.

Zumal dann auch das «Was kann ich?» in den Fokus rückt. Jugendliche mit Behinderung stehen bei der Berufswahl oft vor einer besonderen Herausforderung.

1. Die richtige Selbsteinschätzung

Die eigenen Stärken und Schwächen zu kennen, hilft bei der Suche nach dem passenden Ausbildungsberuf. Das kann für Jugendliche mit Handicap zur Schwierigkeit werden, weiß Kevin Huhs, Reha-Berater der Agentur für Arbeit in Kiel. «Eine Behinderung ist für ganz viele Jugendliche ein schlimmes Übel, das sie natürlich am liebsten gar nicht hätten und deswegen kaschieren, verstecken oder davon ablenken», erklärt er. Häufig würden auch Eltern dazu neigen, Behinderungen herunterzuspielen. Die Konsequenz: «Überschätzung, fehlende Einsicht und Ablehnung unserer Förderangebote sind an der Tagesordnung», sagt der Berufsberater.

Huhs empfiehlt, sich selbst gegenüber ehrlich zu sein, die eigenen Stärken und Schwächen zu analysieren und für Alternativen offen zu bleiben: Oft eignet sich eine bestimmte Ausbildung besser als eine andere, etwa weil der Theorieanteil geringer ist.

2. Die richtige Vorbereitung

Eine gute Berufsorientierung beginnt schon während der Schulzeit. «Dabei können nicht nur das familiäre Umfeld und die Lehrkräfte unterstützen, sondern auch der regional zuständige Integrationsfachdienst oder die Agentur für Arbeit», so Matthias Münning, Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe.

Auch Tobias Schmidt von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Berufsbildungswerke empfiehlt eine frühe Vorbereitung. «Es gibt Bundesländer, die haben Berufseinstiegsbegleiter. Die gucken auf den einzelnen Schüler, da ist es erstmal egal, ob er ein Handicap hat oder nicht.» Schulen hätten oft ein gutes Netzwerk zu Integrationsfachdiensten, der Agentur für Arbeit oder anderen Experten. Insbesondere das Schulpraktikum kann Aufschluss geben, zu welchen Tätigkeiten der Schüler eine Affinität hat.

3. Der richtige Umgang mit dem Handicap

Manche Behinderungen sind offensichtlich, andere für den Gegenüber kaum zu erkennen. In jedem Fall empfehlen die Experten, offen damit umzugehen. «Vielfach sind Menschen mit Handicap Experten in eigener Sache und können Strategien benennen, wie im Ausbildungsalltag mit dem Handicap umgegangen werden kann», erklärt Dennis Müller vom Integrationsfachdienst Minden.

Kevin Huhs empfiehlt Jugendlichen, bereits im Bewerbungsprozess auf die Behinderung aufmerksam zu machen. Etwa, indem sie ein Zusatzblatt entwickeln, auf dem der Schüler seine Behinderung genauer beschreibt und darstellt, wie sich die Behinderung auf die Arbeit auswirken würde. Häufig spielt das Handicap aber eine unwesentliche Rolle, sind sich Kevin Huhs und Dennis Müller einig.

4. Die richtigen Unterstützungsangebote finden

Die Beratungsangebote rund um die Berufswahl sind zahlreich und von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Grundsätzlich stehen die Berufsberater der Agentur für Arbeit, aber auch der Integrationsfachdienst, Berufseinstiegsbegleitungen, Coachingangebote über Landesprogramme sowie Integrations- und Inklusionsämter zur Verfügung. Wichtig ist, dass sich Betriebe und auch der Auszubildende kundig machen.

Fotocredits: Philippe Voisin,LWL,Diakonie Stiftung Salem,Jakob Hoff
(dpa/tmn)

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