Essen/Berlin – Warum sie ausgerechnet Modistin werden wollte? Monique Stahl muss schmunzeln, denn die Frage hat sie schon oft gehört. «Meine Oma war früher Schneiderin, mit ihr habe ich schon früher gerne genäht. Die kreative Arbeit war schon immer ein Teil von mir», erzählt sie.

Doch trotz der früh entdeckten Leidenschaft für die Mode fand Stahl auf eher klassischem Weg zu ihrem Beruf: Ein Test zur Berufsorientierung empfahl die dreijährige Ausbildung zur Modistin. Inzwischen ist die 21-Jährige in ihrem dritten Lehrjahr als Auszubildende in der Hutmanufaktur von Ulrike Strelow. Ihre Aufgaben reichen vom Entwerfen, Skizzieren und Fertigen verschiedenster Kopfbedeckungen bis hin zur Kundenberatung, Auftragsbearbeitung und Kostenkalkulation.

In den Betrieben und der Berufsschule lernen angehende Hutmacher zum Beispiel die Eigenschaften verschiedener Stoffe und Materialien kennen. Neben dem Umgang mit Maschinen und Werkzeugen stehen auch Themen wie Hutformen, Farbenlehre oder Kostümgeschichte auf dem Stundenplan.

«Auch die Präsentationen von Kopfbedeckungen, in Schaufenstern, bei Ausstellungen oder vor Kundinnen ist ein weiterer wichtiger Lehrinhalt», erklärt Caroline Tiedtke. Sie ist Fachbereichsleiterin für Technologie an der Modeschule Berlin. Seit 18 Jahren bildet die Studiendirektorin angehende Modisten aus und entwickelte die aktuelle Ausbildungsordnung mit.

Doch der Traditionsberuf scheint vom Aussterben bedroht: Im Jahr 2016 zählte das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) deutschlandweit 36 Hutmacher in Ausbildung. 1997 waren es immerhin noch 97. Trotzdem ist sich Tiedtke sicher, dass der Traditionsberuf eine Zukunft hat. Reich wird man darin aber vermutlich nicht: Laut Bundesagentur für Arbeit gibt es derzeit nur in Bayern eine tarifvertragliche Regelung, laut der Modisten in Ausbildung zwischen 800 und 900 Euro monatlich verdienen. Teils gibt es aber auch viel weniger: Die Handwerkskammer Hamburg zum Beispiel nennt auf ihrer Webseite eine Ausbildungsvergütung zwischen 220 und 325 Euro.

«Man verdient zwar nicht so viel Geld», sagt auch Monique Stahl, «doch wer sich einmal für den Beruf entschließt, für den wird die Hutmacherei oft zur Berufung.» Das Schöne an ihrer Arbeit sei die Vielfalt an Materialen und Möglichkeiten der Gestaltung. «Es ist ein altes Handwerk, das sich eigentlich kaum verändert hat, und trotzdem kann man ganz modische Dinge damit machen. Das finde ich total cool.»

Fertig ausgebildete Modisten können in Hutgeschäften oder am Theater eine Anstellung finden. Sich selbstständig zu machen ist ein weiterer Karriereweg. Für die Existenzgründung als Hutmacher braucht es keinen Befähigungsnachweis wie den Meisterbrief.

Die Zukunft sei auch unter den Azubis ein großes Thema, sagt Monique Stahl. «Ich habe aber auch schon überlegt, noch ein Modestudium hinten anzuhängen.» So oder so, der Beruf des Modisten wird auch weiterhin seine Existenzberechtigung haben, da sind sich Monique Stahl und ihre Chefin Ulrike Strelow einig. «Ich habe das Gefühl, dass der Hut wieder im Kommen ist», sagt Strelow. «Er ist wieder ein ganz normaler Teil der Garderobe geworden, in all seinen Unterschiedlichkeiten, als Alltags- oder Schmuckhut.»

Fotocredits: Ina Fassbender,Ina Fassbender,Ina Fassbender,Ina Fassbender,Ina Fassbender,Ina Fassbender,Ina Fassbender,Ina Fassbender,Ina Fassbender,Ina Fassbender,Ina Fassbender,Ina Fassbender,Ina Fassbender
(dpa/tmn)

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