Köln/Bamberg (dpa) – Die Unterschiede sind deutlich: 14 Euro pro Stunde verdient eine Erzieherin, 16 Euro ein Sozialpädagoge. Ein Techniker bekam nach einer Auswertung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) im Jahr 2014 hingegen 18 Euro und ein Ingenieur sogar 29 Euro.

«Jobs in der Industrie werden im Durchschnitt besser vergütet als beispielsweise im Gesundheitswesen», stellt Oliver Stettes vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft in Köln fest. «Das hat viel mit der Wertschätzung des Produktes durch die Kunden zu tun», sagt er. Viel hänge an der Zahlungsbereitschaft der Menschen.

Die
unterschiedliche Bezahlung in verschiedenen Branchen wird als ein wichtiger Faktor für den so genannten 
Gender Pay Gap gesehen – also für den Unterschied im Bruttoverdienst von Männern und Frauen. Die Lücke lag in Deutschland 2016 bei 21 Prozent – nach 22 Prozent im Jahr 2015, wie das Statistische Bundesamt erklärte.

«Es gibt viel Ungerechtigkeit in der Bezahlung von Männern und Frauen, aber ein großer Teil des Unterschieds kommt durch Branchen- und Berufswahl, Dienstalter und Beschäftigungsumfang», sagt Helmut Uder von der Unternehmensberatung Willis Towers Watson. Frauen unterbrechen nach wie vor länger für die Familie und arbeiten hinterher öfter in Teilzeitjobs. Das von Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) geplante Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit, das Beschäftigten erlaubt zu erfahren, wie sie im Vergleich zu anderen bezahlt werden, dürfte daran kaum etwas ändern.

Denn allein 15 Prozent des Gender Pay Gaps liegen nach Untersuchungen des Instituts der deutschen Wirtschaft an der Branche. Und das Gefälle lässt sich klar entlang klassischer Männer- und Frauenberufe ablesen. Laut der Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung lag der Stundenlohn in Berufen, in denen überwiegend Frauen arbeiten, 2014 im Schnitt um acht Euro niedriger als in männlichen dominierten Berufen bei gleicher Ausbildungszeit.

Die Gründe dafür sieht Corinna Kleinert vom Leibniz-Institut für Bildungsverläufe in Bamberg teilweise in der historischen Entwicklung. Die Bezahlung von Berufen sei lange gewachsen. «Historisch galten Frauen als weniger kompetent und leistungsfähig im Bereich der Erwerbsarbeit als Männer.» Ihnen standen daher vor allem haushaltsnahe Berufe offen, und solche «typisch weiblichen» Tätigkeiten wurden in der Folge auch geringer entlohnt. «Daher wird auch von einer bis heute anhaltenden Entwertung von Frauenberufen gesprochen.»

Technische Berufe würden dagegen traditionell häufiger von Männern ausgeübt und daher höher entlohnt. «Ein weiteres Merkmal dieser Berufsgruppen ist, dass es ihnen gelang, Zugänge dazu stärker zu begrenzen und sich stärker gewerkschaftlich zu organisieren als in Frauenberufen», sagt Kleiner. Auch dadurch konnten sie höhere Löhne erzielen. «Kindergärtnerinnen haben es nie geschafft, ihren Beruf so stark zu schließen und diese Schließung in Lohnvorteile umzuwandeln wie Ingenieure.»

«Der geringe Verdienst hat auch etwas zu tun mit dem Thema Arbeitsbewertung», sagt Sarah Lillemeier vom Institut für Arbeit und Qualifikation an der Universität Duisburg-Essen, die in einem Kooperationsprojekt mit dem Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) arbeitet und zum Thema geschlechtergerechte Arbeitsbewertung forscht. «Dabei ist eine Schieflage entstanden zwischen der Bewertung und
Bezahlung von «Männer-» und «Frauenberufen»

Denn die Kriterien zur Bewertung von Arbeit kämen prinzipiell aus der Industrie. «Darin sind weder psychosoziale Anforderungen enthalten und auch die Verantwortung für das Wohlergehen der betreuten Menschen bleibt oft unberücksichtigt», so Lillemeier. Sorgeberufe seien daher sehr anfällig für eine zu geringe Bewertung und Bezahlung, gemessen an ihren Anforderungen und Belastungen.

Das wirke auch nach: «Empirische Studien zeigen, dass sich weiblich konnotierte Tätigkeitsinhalte negativ auf die Bezahlung auswirken», sagt Lillemeier. «Eine Maskulinisierung führte dagegen historisch zu einer Aufwertung.» Eine Annäherungen sieht zumindest Lillemeier bislang nicht. «Das Bewusstsein für die Thematik ist da», sagt sie. «Kostendruck und Ökonomisierungstendenzen in den Sorgeberufen führen aber auch dazu, dass sich derzeit wenig ändert.»

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(dpa)