Wirtschaft ist weder statisch noch fest gezurrt. So zeigt sich die Arbeitswelt nun mal. Komplette Industriezweige kommen und gehen und von der industriellen Revolution bis heute haben sich etliche Berufsbilder die Türklinke in die Hand gegeben. Viele Berufe bleiben gar komplett auf der Strecke, weil die Entwicklung innovativer Fertigungstechniken oder der Start ins Kommunikationszeitalter für diese Arbeitsplätze keine Verwendung mehr bietet.







Berufsbezeichungen, der dynamische Spiegel der Gesellschaft

Gewiss, in der Umgangssprache finden sich immer wieder lächelnd karikierende Berufsbezeichnungen: Leicht wird da aus der Putzfrau die Raumkosmetikerin, aus der Hausfrau die Familienmanagerin oder der Akademiker wird als verkopfter Hirnakrobat belächelt. Lassen sich mit einer gewissen Portion Ironie auch die absurdesten Wortschöpfungen erklären, so geht es doch im Grundsatz weniger um den Wortwitz im alltäglichen Straßengebrauch als um den konkreten Bezug zum Arbeitsleben. Schließlich handelt es sich keinesfalls um anerkannte Berufsbezeichnungen. Bedeutsamer und konkreter zeigen sich gesellschaftliche, dem Zeitgeist entsprechende Entwicklungen, die für diese „persönliche Umfirmierung“ Pate stehen.

Vom Tante-Emma-Laden zum Mega-Store

Konnte man noch bis in die 70er Jahre hinein beim Tante-Emma-Laden an der Ecke seine Bonbons einzeln kaufen, die Milch in die mitgebrachte Kanne abfüllen oder Mehl in einer Tüte abwiegen lassen, entwickelte sich das Einzelhandelsgeschäft zunächst zum „Konsum“ und anschließend zum „Supermarkt“. Schnell reichte dem Sprachgebrauch auch diese Bezeichnung nicht mehr aus und der Supermarkt nannte sich künftig „Mega-Store“ – Gigantomanie der Sprache. Dass diese Entwicklung spezielle Anforderungen an die Mitarbeiter stellt, versteht sich von selbst. Vielerorts wurden spezialisierte Fachverkäufer benötigt, die mit ihrem Zusatzwissen den Kunden kompetent beraten konnten. Und die bekamen nicht nur zusätzliche Verantwortungsbereiche, sondern auch aufgabenkonforme Namen. Eine ähnliche Entwicklung entdeckt man im immer komplexer werdenden Fahrzeugbau. Traditionelle Berufe müssen sich aktuellen Anforderungen stellen – und profitieren davon. Wer gestern noch seine Zukunft als Kfz-Mechaniker sah, stellt sich nunmehr dem Berufsbild des Mechatronikers. Wo gestern noch der Schraubenschlüssel reichte, werden heutzutage Computerprogramme zur Fehlerdiagnose eingesetzt. Das bedeutet nicht nur eine weitaus größere Kompetenz, sondern aufgrund dessen auch die Sicherheit des Arbeitsplatzes. Fortbildung wird zum schlagkräftigen Argument.

Berufsbilder – Ideologie – Kommunikationsgesellschaft

Seit dem Jahr 2004 tragen Krankenschwestern und Krankenpfleger die offizielle Berufsbezeichnung als Gesundheits- und Krankenpfleger/-innen. Der bislang vom Begriff der „Ordensschwestern“ abgeleitete Name für die pflegerischen Berufe war zwar unbezweifelbar humanitär, aber keineswegs zeitgemäß. Pflege und Kirche müssen sich aber nicht zwangsläufig bedingen. Durch ideologische Begrifflichkeiten sollte die Berufswahl auch hier nicht länger eingeschränkt werden. Zeitgleich wollte das Gesundheitswesen zunehmend vorbeugend tätig werden. Eine neue Berufsbezeichnung musste her. Und dann die tagesaktuelle Thematik des Kommunikationszeitalters: Wo nach IT-Consultants, Systemadministratoren und Keyaccount-Managern gesucht wird, ist der Beruf der Stenotypistin gerade noch überholte Nebensache – vielleicht vergleichbar mit der künftigen Halbwertzeit einer Briefmarke, die in wenigen Jahren nur noch zu Sammlerzwecken dienen wird.

Der erlernte Beruf ein Leben lang? Heute kaum möglich!

In Zeiten des immer rasanter werdenden gesellschaftlichen Wandels können Arbeitnehmer nicht mehr davon ausgehen, ihren erlernten Beruf ein Leben lang unverändert auszuüben. Flexibilität ist gefragt. Fakt bleibt: Das einzig Beständige ist die Veränderung, die allerdings bietet gleichsam endlose Chancen. Wenn Altes vergeht, wird Neues entstehen. Wie für die Berufe selbst gilt das auch für die Berufsbezeichnungen: Chancenreich, vielseitig und zeitgemäß.

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