Frankfurt/Main – Die Pilotin Elke Hieber ist es gewohnt, dass ihr Beruf und ihre Uniform Aufsehen erregen. Die 53-Jährige fliegt bei der Lufthansa als Kapitänin das größte Passagierflugzeug der Welt, den Airbus A380.

Hieber sagt: «Natürlich war das von Anfang an Thema, dass ich als Frau ins Cockpit wollte.» Doch Nachteile wie auch Bevorzugungen habe sie nie erlebt. Bei Europas größter Fluggesellschaft sitzen Frauen erst seit 30 Jahren ganz vorn im Flugzeug, Hieber war die zehnte Flugschülerin im Dienste des Kranichs.

Heute liegt der Frauenanteil bei den Piloten im Konzern bei sechs Prozent. Bei der Stammmarke Lufthansa ist es noch ein Prozentpunkt mehr, wie das Unternehmen zum 30. Jahrestag berichtet. Am 23. August 1988 waren Nicola Lisy und Evi Hetzmannseder erstmals als Co-Pilotinnen abgehoben.

30 Jahre später ist bei der Lufthansa trotz mehr als 600 aktiven Pilotinnen im Konzern wie bei allen anderen Fluggesellschaften der Welt immer noch Thema, was in Zeiten der Gleichberechtigung eigentlich keines mehr sein sollte: Die Steuerknüppel oder -hörner sind immer noch ganz überwiegend in Männerhand. Der Pilotenverband ALPA geht weltweit von einem Frauenanteil um die fünf Prozent aus, bei einzelnen Gesellschaften wie der israelischen El Al ist nicht einmal jeder 100. Pilot weiblichen Geschlechts.

Als die Lufthansa im April 1986 erstmals junge Frauen an ihrer Fliegerschule aufnahm, wurde dieser Schritt als überfällig empfunden. Die konservative Airline gehörte keineswegs zu den Pionieren der Gleichstellung – und manche unkten immer noch über einen möglicherweise ungesunden Wettstreit der Geschlechter, angefacht von zu ehrgeizigen Pilotinnen.

So ist aus den 60er Jahren vom damaligen Leiter der Verkehrsfliegerschule, Alfred Vermaaten, das Zitat überliefert: «Eher wird eine Frau Boxweltmeister im Schwergewicht als Kapitän bei der Lufthansa.» Als Stewardessen waren junge Frauen hingegen schon immer willkommen, noch heute stellen sie vier von fünf Flugbegleitern bei der Lufthansa.

Eigentlich ist Niki Lauda dafür verantwortlich, dass die 29 Jahre alte Grazerin Magdalena Gruhn demnächst in Lufthansa-Cockpits an den Start geht. Im Alter von sechs Jahren ist sie mit «Nikis Kids Club» der Lauda Air zu einem Rundflug über Österreich aufgebrochen und seitdem fasziniert von der Fliegerei. «Mit meinem großen Bruder habe ich am Computer manchmal Flugsimulatoren gespielt», erzählt die Flugschülerin, die trotzdem zunächst auf eine internationale Hotelkarriere hin studierte und arbeitete.

Bei einem Job als Flugbegleiterin einer kleinen Privat-Airline lernte sie aber gleich in der ersten Crew eine «ganz junge und tolle Co-Pilotin» kennen – und dachte sich: «Das kann ich auch. Der Beruf Pilotin war zuvor einfach nicht auf meinem Radar.» Gruhn hat für ihre Berufsentscheidung viel Unterstützung aus Familie und Umfeld erhalten. «Alle sind einfach nur begeistert», erzählt sie.

Dass es auch anders laufen kann, hat die Kapitänin Andrea Amberge erfahren, deren Familie 1986 von den fliegerischen Ambitionen gar nicht begeistert war. Mit Nebenjobs finanzierte sie ihre Pilotenscheine auf eigene Faust, um schließlich als Quereinsteigerin bei der Lufthansa zu landen.

Wegen der regelmäßigen Beförderungen nach Erfahrung müssen Pilotinnen, die Kinder bekommen, keine beruflichen Nachteile fürchten. «Pilot ist der perfekte Beruf, weil man komplett ersetzbar ist. Wenn ich den Job nicht mache, sitzt dort ein anderer, der ihn genauso gut erledigt wie ich», erklärt Elke Hieber. Sie hat als Mutter zweier Kinder je zwei 18-monatige Auszeiten genommen und in unterschiedlichsten Teilzeitmodellen gearbeitet.

In den wilden 1920er Jahren war die damalige Luft Hansa noch Avantgarde und ließ die junge Adelige Marga von Etzdorf als möglicherweise erste Co-Pilotin weltweit in ihren Junkers F13 fliegen. Die von der Fliegerei völlig faszinierte Einzelgängerin blieb allerdings nicht lange dabei und kaufte sich bald eine eigene Maschine, mit der sie die Welt umfliegen wollte.

Bei ihren Lufthansa-Flügen nahm sie den Dank der Passagiere an die «Herren Piloten» stets wortlos entgegen, wie die «Zeit» in einem einfühlsamen Porträt schreibt. «Ich habe mich immer gehütet, ihnen diese Illusion durch ein Verraten meiner Stimme zu rauben.»

Die internationale Pilotinnengesellschaft ISA+21 führt Helen Richey als erste Pilotin bei der US-Gesellschaft Central Airlines im Jahr 1934. Sie gab jedoch ihren Job bereits zehn Monate später wieder auf, nachdem ihr die Pilotengewerkschaft die Aufnahme verweigert hatte. 1947 nahm sich die völlig verarmte Ex-Pilotin das Leben, wie übrigens auch Marga von Etzdorf bereits im Jahr 1933.

Im Lufthansa-Konzernvorstand ist der Frauenanteil nach dem Ausscheiden von Finanzchefin Simone Menne wieder von 40 auf 20 Prozent gesunken. Gleichwohl wolle man im Management wie in den Cockpits mehr Frauen, kündigt die verbliebene Personalvorständin Bettina Volkens an. In den aktuellen Pilotenlehrgängen sind bereits 15 Prozent weiblich, es gehen aber immer noch deutlich mehr Bewerbungen männlicher Kandidaten ein. Eine Frauenquote soll es nicht geben, aber eine auf weibliche Bewerber ausgerichtete Kampagne.

Fotocredits: Oliver Rösler
(dpa)

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