Bochum – Jasmin ist eine Exotin. Auch wenn sie sich so nicht fühlt. Die 29-Jährige arbeitet bei der Berufsfeuerwehr in Bochum. Zusammen mit ganz vielen Männern. Unter deutschlandweit 32.600 Angehörigen der Berufsfeuerwehr sind nur 460 Personen weiblich – das macht 1,4 Prozent.

Schade, findet Jasmin, denn: «Ich kann den spannenden Job für Frauen nur empfehlen, genauso wie für Männer.» Sie ist gelernte Mediengestalterin, hat sich dann umentschieden. «Weil mir klar wurde, dass ich etwas tun möchte, was wirklich Sinn macht.

Kräftezehrende Einsätze

Verletzte aus Notlagen retten, kräftezehrend über Stunden Brände löschen, in schwerer Montur und mit technischem Gerät arbeiten – alles machbar für eine Frau? «Von den körperlichen Verhältnissen können Männer vielleicht mehr leisten, schwerer heben, manches fällt ihnen physisch leichter», sagt Jasmin. «Aber wir Frauen schaffen auch alles.» Außerdem sei Mann nicht gleich Mann. Der kleinste männliche Kollege im Bochumer Team reiche ihr nur bis zum Kinn. Schutzkleidung, Helm und Atemluftflasche wiegen 20 bis 30 Kilogramm. Irres Gewicht für eine 60-Kilo-Frau. Aber: «Da merke ich im Einsatz kaum was von.» Dank täglichem Ausdauer- und Krafttraining.

Die 29-Jährige gehört zu einem Team, das bei der neuen WDR-Dokutainment-Staffel «Feuer & Flamme» ab 23. März im Mittelpunkt stehen wird. Auch Jasmins reale Einsätze können Zuschauer dann hautnah miterleben. In den gemischten Teams mit Frauen gebe es viel auf der Plusseite, erzählt sie. Bei ihr öffnen die Leute sich auch eher, weinen sich mal aus.

Kaum Frauen in der Berufsfeuerwehr

Simon Heußen, Amtsleiter der Bochumer Feuerwehr, meint: «Frauen sind eine Super-Ergänzung.» Etwa bei Hilferufen nach häuslicher Gewalt oder wenn Frauen und Kinder die Geschädigten sind. «Sie bringen Skills ein, die viele Männer so eher nicht haben. Eine andere Ansprache, ein hohes Einfühlvermögen», betont Heußen. «Wir sind froh, dass es mehr werden und es normaler wird, Frauen bei der Berufsfeuerwehr zu haben.»

Bundesweit ist der Zuwachs allerdings noch marginal. Binnen zehn Jahren hat sich der Anteil von 1,1 Prozent auf zuletzt 1,4 Prozent nach den aktuellsten Zahlen (Ende 2017) erhöht, berichtet der Deutsche Feuerwehrverband (DFV). Bei der Freiwilligen Feuerwehr sind immerhin 9,5 Prozent unter den mehr als 994.000 Engagierten weiblich. Und beim Nachwuchs zeigt sich: Auf drei Jungen bei der Jugendfeuerwehr kommt inzwischen ein Mädchen.

Männliches Feuerwehrbild

Jasmin glaubt, dass viele Frauen sich den Job nicht zutrauen. Weitere Ursache: Weil die Ausbildung der Feuerwehr nur 18 Monate dauert, ist vorher eine abgeschlossene Ausbildung vorgeschrieben, sagt Heußen. Viele Feuerwehren wollten möglichst Leute aus dem Handwerk – und das seien nun mal überproportional viele Männer. Die Feuerwehren änderten sich hier aber zunehmend. Familie und Beruf könne man in dem Beamtenjob gut vereinbaren, auch viele Männer seien in Elternzeit. «In den Feuerwehren kommen wir allmählich von einer Männer-WG in eine gemischte WG.»

Für Oberbrandrätin Susanne Klatt – seit 20 Jahren bei der Berufsfeuerwehr – geht das zu langsam. «Ich möchte, dass Frauen bei der Berufsfeuerwehr die gleichen Chancen bekommen.» Das Feuerwehrbild der Gesellschaft sei männerfokussiert, angefangen schon von Kinderbüchern. Eine Frauenquote hat sie bislang abgelehnt. Bewege sich weiterhin wenig, sei über eine Quote als Druckmittel aber nachzudenken, findet die Vorsitzende des Netzwerks Feuerwehrfrauen. Die Erfahrung der Essenerin: «Wir Frauen sind immer etwas auf dem Präsentierteller.»

Feuerwehren sind im Wandel

Kerstin Schmidt, Bundesfrauenbeauftragte im DFV, sieht eine veränderte Betrachtungsweise – vor allem in den Freiwilligen Feuerwehren. «Früher wollten tatsächlich viele Männer keine Frauen dabei haben.» Wer als Frau mitmischen wollte, brauchte ordentlich Rückgrat und wurde kritisch beäugt, schildert Schmidt aus Bayreuth. «Alte Hasen» seien aber ausgeschieden, die Altersstruktur jünger geworden und die Teams deutlich gemischter.

«Frauen tun den Einsätzen sehr gut. Sie sind eher multitaskingfähig, sie bringen Ruhe und Struktur ein und haben oft einen erweiterten Blick auf die Situation vor Ort», erläutert Schmidt. Bei der psychischen Belastung etwa nach Unfällen mit Verletzten und Toten gebe es keine grundsätzlichen Unterschiede bei männlichen und weiblichen Helfern. Und Jasmin bilanziert nach vielen Einsätzen: «Die Leute sind dankbar, dass wir helfen – egal, ob Mann oder Frau.»

Fotocredits: Bernd Thissen,Bernd Thissen,Bernd Thissen,Bernd Thissen,Bernd Thissen
(dpa)

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