Königslutter – Wenn am Ort der letzten Ruhe ein schöner Stein aufragt, ist Michael Müller zufrieden mit seiner Arbeit. «Das Schönste ist eigentlich, wenn man die Arbeit erledigt hat und das Grabmal auf dem Friedhof steht», sagt der 33-Jährige.

«Wenn die Angehörigen da waren und sagen: Das sieht toll aus. Das ist die letzte Ehre, die man dem Verstorbenen erweisen kann.» Müller ist im zweiten Jahr seiner Steinmetz-Lehre. Er arbeitet im Betrieb Grabmale Dietrich im niedersächsischen Ganderkesee bei Bremen. Vorher hatte er als Bäcker und Konditor Brote gebacken und Torten kreiert, ehe er sich dazu entschloss, den Beruf seiner Schwiegereltern zu lernen.

Als Steinmetz stellt Müller nun nicht nur Grabmale her. Er baut Treppen oder Küchenarbeitsplatten und verlegt Fußböden – solange es etwas mit Naturstein, vor allem Sandstein und Granit, zu tun hat.

In den Betrieben sind inzwischen auch Maschinen im Einsatz. Doch Steinmetze müssen an vielen Stellen selbst Hand anlegen. «Es ist körperlich anstrengend», sagt Müller. «Der Stein springt sozusagen zurück und nimmt einem die letzte Kraft. Schon im Mittelalter gab es Techniken, wie man diese Härte vom Körper abfedern lassen kann. Das wurde den Steinmetzen immer weitervermittelt.»

Körperliche Fitness ist eine zentrale Voraussetzung für Steinmetze. Außerdem sind Freude am handwerklichen Arbeiten, ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen und mathematisches Grundverständnis wichtig, erklärt Nina Pörtner, Geschäftsführerin des Berufsbildungswerks des Steinmetz- und Bildhauerhandwerks in Wiesbaden. Wer Steinmetz werden will, muss kreativ sein, anpacken können und genau arbeiten. Vorausgesetzt wird formal meist ein Hauptschulabschluss.

Auszubildende arbeiten im Betrieb, besuchen die Berufsschule und ein überbetriebliches Ausbildungszentrum. In den ersten beiden Jahren lernen Steinmetze gemeinsam mit Steinbildhauern, im dritten Lehrjahr wird fachspezifisch ausgebildet. «Es gibt etwa zehn Berufsschulen mit sogenannten Berufsschulfachklassen für Steinmetze in Deutschland», sagt Pörtner. «Bis auf die Standorte Köln und Düsseldorf sind alle regionsübergreifend mit Blockunterricht organisiert.»

Derzeit gibt es deutschlandweit vier Ausbildungszentren. Größter Standort ist Königslutter bei Braunschweig. Michael Müller ist gerade für sechs Wochen dorthin gereist. Für den zweifachen Vater eine Herausforderung: «Ich bin hier im Internat untergebracht und pendle am Wochenende nach Hause. Das ist schon belastend.» Aber für so einen tollen Beruf lohne es sich.

In der Regelausbildung werden Steinmetze erstmal an ihrem Werkzeug und zur Natursteinvielfalt geschult, erklärt Olaf Bunger, Leiter des Steinmetzzentrums Königslutter. Die Azubis lernen, wo welcher Stein eingesetzt wird und wie sie Werksteine mit der Hand und maschinell bearbeiten. «Dann gehen wir dazu über, Profilstücke herzustellen, auch Schrift und Ornamentik gehören dazu.»

Im Baubereich arbeiten die Schüler mit Bodenplatten und Treppenstufen. Sie müssen Versetzpläne lesen und auch mal eine Zeichnung vom Fußboden machen. Typisches Werkzeug eines Steinmetzes ist der hammerähnliche Knüpfel. Ein Ausbildungsthema sind aber auch Werkzeugmaschinen mit moderner Steuerungstechnik, sogenannte CNC-Maschinen.

Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit verdienen Steinmetz-Azubis im ersten Lehrjahr um die 530 Euro, im zweiten um die 620 Euro und im dritten um die 720 Euro.

Nina Pörtner beklagt, dass nur etwa zwanzig Prozent der ihr bekannten Betriebe ausbilden. «Leider ist es schon immer so gewesen, dass nur ein kleiner Teil die Mühen des Ausbildens auf sich nehmen will. Und das, obwohl wir feststellen, dass die Ausbildungsbetriebe diejenigen sind, die frisch bleiben und auch erfolgreich.» Eine Online-Suche nach Postleitzahlen bietet der Bundesverband der Deutschen Steinmetze unter www.bivsteinmetz.de. Auch in den Lehrstellenbörsen der Handwerkskammern sind Betriebe im eigenen Umkreis zu finden.

Um sich weiterzubilden, können Steinmetz-Gesellen sich etwa in Richtung CNC-Fachkraft, Denkmalpflege oder Gestaltung spezialisieren, sagt Pörtner. Oder sie machen den Meister oder Techniker und setzen Zusatzqualifikationen wie Restaurator und Betriebswirt darauf. Auch Studieren kann eine Option sein – etwa im Fach Architektur.

Michael Müller jedenfalls ist überzeugt, den richtigen Job gefunden zu haben: Er sieht den Beruf als Chance, bis zum Rentenalter eine schöne Arbeit zu erledigen.

Fotocredits: Klaus-Dietmar Gabbert,Klaus-Dietmar Gabbert,Klaus-Dietmar Gabbert,Klaus-Dietmar Gabbert,Klaus-Dietmar Gabbert,Klaus-Dietmar Gabbert,Klaus-Dietmar Gabbert,Jessica Riechers,Klaus-Dietmar Gabbert
(dpa/tmn)

(dpa)