Bremen (dpa/tmn) – Im Nachhinein kann Christiane Poel ihrer Krebserkrankung sogar etwas Gutes abgewinnen. «Ich halte das Ganze für einen neuen Anfang», sagt sie. Sie achte seit der Krankheit viel stärker auf ihre Gesundheit und ihre Bedürfnisse. Und sie habe unglaublich viel Unterstützung erfahren – auch von ihrem Arbeitgeber. Vielleicht ist ihr deshalb etwas gelungen, was alles andere als selbstverständlich ist: Sie ist nach einer schweren Brustkrebserkrankung erfolgreich in den Beruf wiedereingestiegen.

Früher hat die Diagnose Krebs in vielen Fällen fast automatisch Frühverrentung bedeutet. «Egal, wie jung die Menschen bei der Diagnose waren, aus dem Erwerbsleben waren sie meistens raus», sagt Marie Rösler von der Bremer Krebsgesellschaft, die seit mehr als 20 Jahren zum Thema Wiedereinstieg in den Beruf berät. Inzwischen habe die Medizin jedoch große Fortschritte gemacht. Immer häufiger sei es dadurch möglich, dass Menschen nach der Erkrankung in den Job wieder einsteigen. Doch längst nicht immer klappt das reibungslos. «Wichtig ist, nichts zu überstürzen», sagt Rösler.

Christiane Poel hat durch ihre Krebserkrankung insgesamt ein Jahr lang im Beruf ausgesetzt. Bis dahin hatte die gelernte Chemielaborantin bei der Actega DS in Bremen in der Forschungsabteilung gearbeitet. Die Firma stellt zum Beispiel Kronkorken und Schraubverschlüsse für Konserven her. An ihre alte Tätigkeit war nach der Erkrankung nicht mehr zu denken. Sie war bis dahin häufig im Labor tätig und musste dort schwer heben. Poel und ihr Arbeitgeber entschieden sich deshalb für einen schrittweisen Wiedereinstieg im Rahmen eines
betrieblichen Eingliederungsmanagements(BEM).

Das BEM muss der Arbeitgeber immer dann anbieten, wenn jemand mehr als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt im Jahr arbeitsunfähig ist. Wie das im Detail aussieht, kommt auf den Fall an – eine Möglichkeit kann zum Beispiel eine schrittweise Erhöhung der Stundenzahl beim Wiedereinstieg sein, erklärt Rösler. Poel stieg etwa in der ersten Woche mit vier Stunden pro Tag ein, in der zweiten waren es sechs. Und sie wechselte von der Forschungsabteilung zum Team Environment, Health and Savety – und war nun überwiegend im Büro tätig.

Wichtig ist außerdem, sich mit anderen auszutauschen, die in einer ähnlichen Situation sind, sagt Sabine Schreiber. Sie ist Vorsitzende des Vereins
«Leben nach Krebs! Selbsthilfe für junge Krebsüberlebende». Betroffene stehen nach so einer Erkrankung vor der Frage, wie belastbar sie noch sind. «Hier ist es wirklich wichtig, gut in sich hineinzuhorchen», sagt Rösler. Sie rät auf jeden Fall davon ab, mit der Einstellung zurückzukehren, dass die Kraft schon wiederkommt, wenn man erst einmal wieder eingestiegen ist. Besser sei es umgekehrt: erst dann wieder anzufangen zu arbeiten, wenn man sich wieder richtig fit fühlt.

Eine weitere Problematik, die für viele wichtig wird: Nach der Rückkehr in den Job haben Mitarbeiter häufig neue Bedürfnisse, und es stellt sich die Frage, wie sie diese kommunizieren. «Viele Menschen sind nach einer Krebserkrankung extrem lärmempfindlich», gibt Schreiber ein Beispiel.

Christiane Poel hat ihren Job immer sehr geliebt. Im Nachhinein würde sie aber sagen, dass sie ein paar Wochen zu früh wieder eingestiegen ist. «Es war zu Beginn schon sehr schwer. Ich konnte mir am Anfang kaum etwas merken und war super langsam», sagt sie. Trotzdem würde sie es wieder so machen. Denn der Job ist für sie viel mehr als nur ein Broterwerb. Er gibt ihr auch Anerkennung und Motivation.




Fotocredits: Bremer Krebsgesellschaft e.V.,Carmen Jaspersen,Carmen Jaspersen,Carmen Jaspersen

(dpa)