Brackenheim – Wenn Jasmin Kölle an ihrer Werkbank sitzt, hat sie oft schwierige und zugleich schwere Arbeit vor sich. Die 24-Jährige macht eine Ausbildung zur Sattlerin – und ihre Leidenschaft gilt den Pferdesätteln.

Das ist nicht selbstverständlich, denn die
Ausbildung gibt es in drei Fachrichtungen: Reitsportsattlerei, Fahrzeugsattlerei und Feintäschnerei.

Arbeit fernab des Schreibtischs

Jasmin Kölle beschäftigt sich in erster Linie mit klassischen Sätteln, den Kontakt zu den Pferden hat sich von frühester Kindheit durch ihre Familie. «Die Pferde waren immer wichtig, aber ich wollte keine Berufsreiterin werden», sagt die 24-Jährige. Nach dem Abitur entschied sie sich zunächst für ein Studium der Pferdewirtschaft in Nürtingen. Den Bachelor hat sie so gut wie abgeschlossen – und nun doch noch beschlossen, eine klassische Ausbildung zu beginnen. Sie mag die Kombination aus Kreativität und Handwerk in der Sattlerei. «Und der Bezug zum Tier ist auch da.» Ein weiteres Plus für die 24-Jährige: Sie muss nicht am Schreibtisch sitzen.

Ähnlich sieht das ihr Chef Steffen Würtz, der seit vielen Jahren in Brackenheim bei Heilbronn eine Sattlerei betreibt. Er ist Fachobmann für den Reitsport im Bundesverband Fahrzeugausstattung und Reitsportausrüstung. Viel mehr als Noten und andere Formalitäten interessiert Würtz, ob Bewerber sich geschickt an Nadel und Leder anstellen. «Das ist kein hochtechnologisiertes Gewerk, sondern ein klassisches mit viel Tradition», sagt er.

Den Umgang mit Leder lernen

In den seltensten Fällen fertigen Sattler heute noch komplett neue Sättel, vielmehr müssen sie bestehende reparieren oder anpassen. Ein kompletter Sattel ist ein Meisterstück, in dem 40 Stunden Arbeit stecken. Im Geschäft kostet er mindestens 4000 Euro, nach oben gibt es keine Grenzen. Kölle betont, wie viel Konzentration dafür nötig ist. Denn die Löcher für die Nähte müssen im Leder vorgebohrt werden. «Wenn man sich vertan hat, kann man nur noch versuchen, sein Werkstück zu retten», erzählt die Auszubildende.

Das Gesellenstück ist daher ein Halfter oder ein Kopfstück. Zunächst gehe es in der Ausbildung darum, mit dem Werkstoff Leder umzugehen, Handnähte zu machen und mit den speziellen Maschinen zu nähen, erklärt Würtz. «Leder ist sehr komplex, keine zwei Stücke sind gleich. Das muss man mit allen Sinnen bearbeiten und auch eine gewisse Erfahrung haben.»

Auch angehende Fahrzeugsattler müssen das können und wissen – und doch ist die Arbeit eine komplett andere. «Die meisten Auszubildenden kommen über die Autoschiene in diesen Bereich, sie sind technikaffin», sagt Dieter Augustin. Er ist Obermeister bei der Raumausstatter- und Sattler-Innung in Mittelfranken. Fahrzeugsattler beziehen etwa Ledersitze in alten Autos so, dass alle Technik noch funktioniert. Daneben stellen sie zum Beispiel Cabrioverdecke und Planen her und reparieren diese.

Bewerbungsvoraussetzungen und Vergütung

Bewerber sollten vor allem praktisches Verständnis vorweisen können. Von ihrem Schulwissen hat etwa Jasmin Kölle nicht allzu viel mit in die Ausbildung bringen müssen. «Die Fachbegriffe muss man ohnehin neu lernen, da fängt man bei Null an», sagt sie. Etwas künstlerisches Talent sei gut, um die Werkstücke skizzieren zu können. «Und ein bisschen Mathe muss sein», sagt ihr Chef.

Die Ausbildungsvergütung ist nicht überall tariflich geregelt. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit liegt sie etwa bei 480 bis 650 Euro im Monat, in der Industrie ist sie mitunter höher. Ausgebildete Fachkräfte verdienen im Schnitt etwa 2300 bis 3000 Euro pro Monat.

Fotocredits: Christoph Schmidt,Christoph Schmidt,Christoph Schmidt,Christoph Schmidt,Christoph Schmidt,Christoph Schmidt,Christoph Schmidt,Christoph Schmidt,Christoph Schmidt
(dpa/tmn)

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