Berlin – Ob Feel Good Manager, Chief Evangelist oder Success Consultant: Der Trend zum fantasievollen Jobtitel kann auf den ersten Blick kuriose Züge annehmen. Gerade im Management und im digitalen Bereich sind englische Berufsbezeichnungen aber längst gang und gäbe.

Das ist nicht nur Marketing, sondern hat zum Teil gute Gründe. Denn neue Jobanforderungen erfordern neue Namen. «Englische Jobbezeichnungen halten in allen Bereichen Einzug – insbesondere auf der Topmanagement-Ebene», sagt Nicole M. Pfeffer, Finanzvorstand des Deutschen Managerverbands. Unternehmen arbeiten mehr und mehr auf internationaler Ebene. «Im Zweifelsfall muss auch der chinesische Zulieferer oder der spanische oder südamerikanische Abnehmer wissen, mit wem er es da zu tun hat», erklärt Jochen Mai, Geschäftsführer und Chefredakteur des Blogs Karrierebibel.

Auskunft über die Stellung und Aufgaben

«Jobtitel haben die Funktion, über die Position, berufliche oder akademische Qualifikation einer Person zu informieren», sagt Mai. Einerseits sollen sie Auskunft über die Stellung im Unternehmen geben, andererseits inhaltlich beschreiben, worin die Aufgaben bestehen. Einfacher gesagt: «Das Gegenüber soll sich vorstellen können, was man macht».

Ein englischer oder französischer Begriff ist da sinnvoll, wo es notwendig ist. Wenn ein Job ohne ersichtlichen Grund mit einem ausgefallenen Namen aufgewertet werden soll, ist das Mais Ansicht nach lediglich «Unfug und ein bisschen Titelkosmetik». Dass englische Berufsbezeichnungen jedoch nicht nur moderner klingen, sondern durchaus sinnvoll sein können, erklärt Nicole M. Pfeffer: Gerade durch die Digitalisierung entstünden Geschäftsfelder und Aufgabengebiete, für die es neue Bezeichnungen brauche. «Alte Jobbeschreibungen müssen angepasst und weiterentwickelt werden.»

Gewandelte Berufsfelder

Neue Titel seien häufig nicht einfach Übersetzungen von deutschen Begriffen, sondern zeigten, dass sich Strukturen und Arbeitsfelder in Unternehmen gewandelt haben. «Man sieht zum Beispiel, dass sich klassische Hierarchie-Strukturen auflösen und stattdessen Netzwerke wichtiger werden», erklärt Pfeffer. Inzwischen seien viele Arbeitnehmer in mehreren Unternehmensbereichen aktiv und arbeiteten inhaltlich an verschiedenen Projekten. Alles, was beispielsweise mit «Innovation» oder «New Business Development» zu tun habe, betreffe das ganze Unternehmen.

«Bestimmte englische Berufsbezeichnungen beschreiben einfach moderner und besser, was die eigentliche Tätigkeit ist», sagt Claudia Baumer, die bei der Acoris AG für Marketing und Vertrieb zuständig ist. Ein Beispiel sei der Consultant: «Er ist mehr als ein einfacher Berater, sondern setzt Projekte um und hat ein tiefes technisches Wissen.»

Accounting und Human Resources

Nicole M. Pfeffer ist der Ansicht, das die «Phase der Verwirrung» um englische Jobtitel vorbei ist: «Wir sind schon so weit, das englische Jobbezeichnungen normal sind.» Die Buchhaltung ist heute der Bereich Accounting. Human Resources beschreibt die Personalabteilung, ein Key Account Manager kümmert sich um Schlüsselkunden.

In der Unternehmenshierarchie steht der Chief Executive Officer (CEO) ganz oben. Danach kommen die Vice Presidents als Ressortleiter. Ein «Head of» leite ein Segment eines Geschäftsbereichs und habe Finanz- sowie Personalverantwortung, erklärt Jochen Mai. Während ein Manager so etwas wie ein Abteilungsleiter sei, ist ein Associate ein Spezialist für bestimmte Aufgaben. Einsteiger werden «Junior» genannt, während ein «Senior» mehr Verantwortung und Erfahrung hat.

Unklare Jobtitel

Es gibt trotzdem Fälle, in denen sich die inhaltliche Ausgestaltung des Berufs nicht am Titel ablesen lässt. Trifft man auf einen «Business Development Manager» oder einen «Innovation Manager», ist erst einmal unklar, ob jemand auf der operativen oder auf der strategischen Ebene eines Unternehmens arbeitet.

Ähnlich verhält es sich mit Jobtiteln, die das Wort digital enthalten: Geht es nun darum, Prozesse zu digitalisieren oder digitale Geschäftsmodelle zu kreieren? «Sie reden mit drei Data Scientists oder mit drei Leuten, bei denen New Business oder Business development auf der Karte steht und bekommen drei Antworten», so Claudia Baumers Eindruck.

Nachfragen, was dahinter steckt

Nicole M. Pfeffer rät im Zweifel einfach nachzufragen, was hinter den Begriffen steckt. Neugier schadet also nicht – im Gegenteil. «Ich finde das ganz angenehm, wenn ausgefallene, neue Titel auf der Visitenkarte stehen. Einen besseren Anknüpfungspunkt für ein Gespräch gibt es doch gar nicht», sagt Baumer. Das sei ein hervorragender Eisbrecher für Konferenzen und Messen.

In der E-Mail-Signatur von Claudia Baumer steht: VP Business Development. Nicht jeder weiß sofort, was das bedeutet. «Verkaufsrepräsentantin hat mal einer getippt, das war süß», sagt sie. Bei ihr als Frau würden viele gar nicht darauf kommen, dass das VP für Vice President, also übersetzt Vizepräsidentin, steht.

Wer keine Lust hat, sich immer erklären zu müssen, kann mit dem deutschen Pendant zu seinem Jobtitel arbeiten – so es denn eine Entsprechung gibt. Eine Möglichkeit: die Vorder- und Rückseite der Visitenkarte für Deutsch und Englisch nutzen, schlägt Jochen Mai vor.

Fotocredits: Robert Günther,Jens Steingässer,Jürgen Silius,Marc Herrmann
(dpa/tmn)

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