Ludwigshafen – Nur knapp ein Drittel der Führungspositionen in deutschen Unternehmen sind nach Zahlen des
Statistischen Bundesamts mit Frauen besetzt. Dieser Wert hat sich in den vergangenen Jahren kaum bewegt. Für das ungleiche Verhältnis ist zum Teil die Kultur in den Firmen verantwortlich.

Es gibt jedoch auch strukturelle und kulturelle Ursachen, erklärt
Prof. Jutta Rump. Sie ist Botschafterin für die Themen Chancengleichheit und Diversity bei der Initiative «Neue Qualität der Arbeit».

Im Interview plädiert die Professorin für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Ludwigshafen dafür, dass Frauen, die Karriere machen wollen, mutiger auftreten.

Frau Rump, verkaufen sich Frauen schlechter als Männer, wenn es um ihre Karriere geht?

Rump: Das kommt immer ein bisschen auf das Sozialisationsmuster an. Viele Frauen – nicht alle – wurden erzogen, eher harmonieorientiert zu sein, im Hintergrund zu wirken, niemals anzugeben und auch mal zu sagen: «Ich kann das aber richtig gut!» Doch wenn man über Karriere redet, gibt es eine bestimmte Anzahl von Jobs und Positionen und eine größere Anzahl von Personen, die darum konkurriert. Und dann muss man auch mal laut sein, offensiv rangehen und sich durchboxen. Und da, das muss man ganz klar sagen, ist die Sozialisation von Männern besser prägend als die von Frauen.

Wie machen Frauen das wett? Heißt die Devise: Haare auf den Zähnen wachsen lassen? Es klingt ein bisschen danach.

Rump: Nicht nur ein bisschen. Sie drücken das jetzt etwas negativ aus. Ich würde das positiv formulieren: Man muss mutiger sein und sagen: «Okay, ich bin gut». Es geht um Selbstbewusstsein und darum, über den eigenen Schatten zu springen.

Wie verkauft man sich dann am besten?

Rump: Man wartet nicht ab, bis ein Gespräch kommt. Sondern man geht hin und fordert ein Perspektivgespräch ein. Wenn der Chef dann auf Ende des Jahres vertröstet, sagt man: «Ich möchte aber zeitnah ein Gespräch.» Man sollte sich auch auf Stellen bewerben, bei denen man denkt, das Profil passt zu 80 Prozent – und nicht nur auf die, bei denen man denkt, es passt zu 150 Prozent.

Warum?

Rump: Es geht darum, sichtbar zu sein. Karriere wird nicht gemacht, weil man fachlich gut ist. Das ist selbstverständlich. Karriere macht man, weil man sichtbar ist. Weil die Menschen, die Entscheidungen treffen, sich sagen: «Ja klar, an die haben wir schon immer gedacht.» Das heißt, dass man sich nicht im Hintergrund bewegt, sondern sichtbar und laut ist, aber auch den richtigen Ton trifft.

Was heißt das, den richtigen Ton zu treffen?

Rump: Das bedeutet nicht, eine Zicke zu sein, die sich überall vordrängelt. Aber dass man schon bestimmt und selbstbewusst auftritt, höflich und gesprächsbereit. Also nicht unverschämt ist. Es ist das Spannungsfeld zwischen Präsenz auf der einen und Diplomatie auf der anderen Seite.

Welche Rolle spielt die Qualifikation?

Rump: Die muss ich auch immer einbringen, klar. Aber die Frage ist: Was ist für die Führungsposition die adäquate Qualifikation? Das Fachliche natürlich auch. Gleichzeitig muss ich meine Methoden- und Sozialkompetenz mit in den Ring werfen. Dieses Potpourri entscheidet über Karrieren.

Wo bringen Frauen aus Ihrer Sicht besondere Führungsstärke mit?

Rump: Es heißt immer, Frauen haben eine höhere Sozialkompetenz. Ich weiß aber nicht, ob das pauschal richtig ist. Das hängt von der Persönlichkeit ab.

Kinder und Familie sind ein schwieriges Thema mit Blick auf die Karriere. Wie verkauft man diesen Wunsch?

Rump: Das kommt immer auf die Unternehmenskultur an. Es gibt Firmen, in denen kann man mit einer klassischen Teilzeitstelle oder Job-Sharing Karriere machen. Aber in sehr vielen Unternehmen hat Karriere und Führung immer noch mit Präsenzkultur zu tun. In solchen Firmen muss man dann für sich eine Entscheidung treffen. Man sollte sich überlegen, wie man das unter einen Hut bringt. Das ist nicht trivial. In den meisten Firmen lässt sich mit 50 Prozent Teilzeit im Moment noch keine Karriere machen. Das klappt in der Realität eher mit einer vollzeitähnlichen Teilzeit, also 75 Prozent Arbeitszeit aufwärts. Darauf lassen sich mittlerweile viele Unternehmen ein.

Das macht das Familienleben nicht unbedingt einfacher.

Rump: Wenn Sie eine Familie haben und gleichzeitig Karriere machen, brauchen Sie die Mithilfe ihrer Familie und Ihres Partners. Der muss dann auch Familienaufgaben übernehmen. Das ist ganz zentral. Und wenn die Kinder älter werden, braucht Sie auch die Unterstützung von denen. Auch ohne externe Kinderbetreuung wird es kaum gehen. Ich wünsche mir, das wäre in Zukunft anders. Doch so ist der Status quo.

Dennoch scheinen sich die Unternehmen in der Vergangenheit zumindest etwas für solche Modelle geöffnet zu haben.

Rump: Absolut. Unter uns: Vor 20, 25 Jahren war das noch völlig anders. In den vergangenen Jahren ist viel passiert und Arbeitgeber haben sich bei diesem Thema bewegt.

Fotocredits: Tobias Kleinschmidt
(dpa/tmn)

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